Quecksilber: eine mögliche Ursache für Alzheimer/Demenz

Joachim Mutter, Annika Curth, Johannes Naumann, Richard Deth, Harald Walach
Does Inorganic Mercury Play a Role in Alzheimer’s Disease? A Systematic Review and an Integrated Molecular Mechanism
Journal of Alzheimer’s Disease, Vol. 22, No. 2, in press, to be published online 15thNovember 2010

http://www.j-alz.com/issues/22/vol22-2.html

Quecksilber könnte eine der verschiedenen Ursachen von Alzheimer Demenz sein. Das ist das Ergebnis einer systematischen Literaturübersicht die am 15.November im

Journal of Alzheimer’s Disease publiziert wurde. Forscher von der Europa-Universität Viadrina, dem Samueli Institut, der Northeastern University, Boston und ehemals an der Universitätsklinik Freiburg sichteten die gesamte experimentelle und klinische Literatur systematisch. Quecksilber ist eine der giftigsten natürlich vorkommenden Substanzen. Es ist gefährlich für Menschen und könnte zu neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer Demenz führen, weil es bei Raumtemperatur verdampft und als Gas aufgenommen wird. So gelangt es über Nase und Blut direkt ins Gehirn. Quecksilber kann die Blut-Hirnschranke ungehindert passieren und wird innerhalb des Gehirns festgehalten. Dort kann es sich über die Lebenszeit hinweg ansammeln. Richard Deth, einer der Koautoren, stellte ein Modell vor, in dem die Wirkweisen von Quecksilber mit den wichtigsten Zeichen der Alzheimer Erkrankung kausal verknüpft wird. Quecksilber bindet sich fest an Selen. Selenhaltige Proteine gehören zu einer Klasse von Molekülen die der Körper verwendet um Schaden, der durch Stoffwechselprozesse im Gehirn entsteht, den sog. oxidativen Stress, abzufangen. Dieser führt zu Alterung und schliesslich Tod der Zelle. Wenn Quecksilber sich an Selen bindet, werden diese Prozesse beschleunigt.

Die Form des Quecksilbers, die untersucht wurde ist das metallische Quecksilber, das z.B. kontinuierlich von Amalgamfüllungen in Zähnen ausdampft. Solche Amalgamfüllungen enthalten 50% Quecksilber und Menschen mit solchen Füllungen nehmen etwa 1-22 Mikrogramm Quecksilber pro Tag auf. Das meiste davon wird in den Körper und ins Gehirn aufgenommen und verbleibt dort. Das ist mehr als zehnmal soviel Quecksilber als durch regelmässiges Essen von Fisch aufgenommen wird. Milliarden von Menschen haben solche Amalgamfüllungen und haben deswegen ein erhöhtes Risiko für giftige Folgeschäden.

Die experimentelle Forschung an Tieren und Zellmodellen kann alle Zeichen der Alzheimer Demenz reproduzieren. Studien über niedrig-dosierte Exposition, etwa bei Zahnärzten zeigen, dass Quecksilber zu kognitiven Einbussen führt. Allerdings fehlen gute Langzeitstudien. Die Situation ist ähnlich wie die bezüglich der Schädlichkeit von Rauchen zu Beginn der 70er Jahre: es gab genügend experimentelle Befunde, aber klinische Studien am Menschen waren unklar. Zu warten bis die Beweislage absolut wasserdicht ist, sei die falsche Strategie, meinen die Forscher, angesichts dessen, was wir alles über die Giftigkeit von Quecksilber wissen. Anorganisches, metallisches Quecksilber sollte aus unseren ökologischen Kreisläufen entfernt werden, um Alzheimer Demenz zu verhüten.

http://www.j-alz.com/issues/22/vol22-2.html


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